Berghütten - Alphütten
im Kleinwalsertal
Landwirtschaft, Alpwirtschaft
Die Alpwirtschaft war bis zu den Anfängen des Fremdenverkehrs ab ca. 1920 der Haupterwerbszweig der Walser. In alten Zeiten war der Viehstand im Sommer und Winter gleich. Die Ausfuhr von Alpkäse, Schmalz, Jungvieh und Holz brachte einen gewissen Wohlstand ins Tal. Die Bauern waren deshalb darauf bedacht, durch Rodung immer mehr Alpboden für die Viehsömmerung zu gewinnen. Die übertriebene Holzschlägerung zerstörte den natürlichen Lawinenschutz, den Wald, und die Siedlungen im Tal waren im Winter den stürzenden Schneemassen ausgesetzt. Der Viehstand erhöhte sich, die Heustöcke im Tal und am Berg waren jedoch zu klein, um so viele Vierbeiner über den langen Winter bringen zu können. Denn es gab ein Missverhältnis der zu großen Weideflächen zu den wenigen Talweiden um Heu für den Winter zu produzieren. Es kam zum Stellviehverkehr mit dem benachbarten Allgäu. Das überzählige Vieh wurde nach dem Alpabtrieb Ende September ins Winterquartier in der Umgebung von Kempten, Kaufbeuren und Schongau getrieben, manchmal mit der Bahn befördert.
Viehbestand:
Im Winter 1885/86 wurden aus dem Tal 369 Kühe und 22 Stück Jungvieh nach Bayern verstellt.
Im Sommer 1886 weideten auf den Walser Alpen 1359 Kühe und Stiere, 699 Stück Jungvieh und 46 Kälber.
Bei ca. 1400 Einwohnern zu der damaligen Zeit, bedeutete dies pro Einwohner eine Milchkuh. Das war auch sinnvoll, stellt doch die damalige Zeit die eigene Landwirtschaft das überleben sicher.
Um die Jahrhundertwende (1900) war die Kapazität der Alpen/ Almen im Kleinwalsertal nahezu 100 % ausgenutzt. Und es war vor allem die Kuhhaltung, welche auf den über 56 Alpen dominierte. 52 Alpen waren fast ausschließlich mit Kühen bestoßen. Nur vier mit Jungvieh / Galtvieh (Bärgunt, Derren, Starzel, Galtöde).
Die wertvollen Weideareale waren hauptsächlich für die Kuhalpen, welche dann auch alle über eine eigene Sennerei verfügten um Käse, Milch und Butter zu produzieren, reserviert.
1944 also ca. 50 Jahre später gab es noch 45 Alpbetriebe. Davon waren 28 Sennalpen und es gab 8 Jungviehalpen (Galtalpen), 1 Melkalpe, und 8 gemischte Alpen. Das waren fast 20 % weniger als 1890.
1951 gab es dann, durch den Start in den Massentourismus bereits nur noch 908 Kühe und 886 Jungkühe im Sommer im Kleinwalsertal. In diesen 50 Jahren wurden bereits 30 % der Alpen aufgegeben.
Im Jahr 1963 gab es im Kleinwalsertal noch 414 Kühe und 1205 Jungkühe. (Zahlen aus "Der Walser")
Im Jahr 1978 nur noch 2 Melkalpen, dafür 11 Galtalpen und 13 Mischalpen. 30 Alpen haben also in dieser Zeit ihren Betrieb eingestellt.
Wald:
Der Waldanteil im Jahr 1950 betrug nur 11,5 % im Kleinwalsertal. 60 Jahre früher wo es noch 20 % mehr bewirtschaftete Alpen gab, gab es nur Restinseln von Waldbestand. Holz und Wald waren sehr wertvoll. War es doch Baumaterial und Heizmaterial für die Wohnhäuser, aber ebenso wurden große Mengen Holz für die Errichtung von sogenannten Schrägzäunen (Holzzäunen mit überkreuzten in den Boden gerammten Pfählen)., die die einzelnen Weiden abgrenzten bzw. ebenso Gefahrenstellen.
Zum ersten Mal wurde ein Drahtgatter in einem Alpbuch (Auenalp) im Jahr 1740 vermerkt.
Schaut man sich aber Postkarten und Fotos bis 1940 an, so gab es selbst zu dieser Zeit noch hölzerne "Schräghags"
Der Arbeitsaufwand Alpflächen für Beweidung oder Heuschnitt zu erhalten war sehr hoch. Eine kurze Zeitspanne von 4-6 Jahren genügt, um eine hochwertige Weide durch Verstaudung auf einen Bruchteil ihres bisherigen Wertes sinken zu lassen. Ebenso sinkt der Wert duch eine Versteinung (durch Schlagwetter, Lawinen usw.), der die Kapazität der Fläche rasch verringert, wenn dem nicht entgegengearbeitet wird (Steinhaufen schlichten).
Je nach den Weiderechten der einzelnen Kleinwalsertaler Bürger und Familien mussten so Tagewerke verrichtet werden.
Jede Alpe hatte eine genaue Anzahl an Weiderechten und man durfte daher nie mehr Vieh auftreiben als in den Regeln der Alpbücher vorher vermerkt war. Das ist auch verständlich, da zuviel Vieh, zu einem zu starken Abfressen und Zertreten der Weide und Grasnarbe führt und die Oberfläche empfindlich zerstört werden kann.
Auch Pferde und Schafe, die besondere Schäden dieser Art verursachen können, unterlagen speziellen Bestimmungen.
Eine lange Zeit bis ca. 1890 gab es eine gleichbleibende Anzahl an Vieh im Tal.
Da früher die Landwirtschaft die einzige Lebensgrundlage im Kleinwalsertal darstellte, verbrachten im Sommer die Bauern mitsamt einen Teil der Familien auf den höheren Alpen. Die damaligen Hütten waren regelmäßig zur Weidezeit bewohnt. Dies bedeutete, dass mindestens Ausbesserungsarbeiten zur Erhaltung der Alpgebäude (Häuser und Ställe) regelmäßig stattfanden. Jeder Verstand die Notwendigkeit, dass dieses Funktionieren lebensnotwendig war um die Grundlage des damaligen Lebens zu erhalten.
Heutzutage sind bereits sehr viele Heuställe und auch Kuhställe dieser "Nichterhaltung" zum Opfer gefallen und erst teilweise eingestürzt und dann komplett zerfallen.
Wenn man bedenkt, dass um 1890 noch 80 Hütten/Alpen bewohnt und fast alle mit Milchkühen landwirtschaftliche Waren herstellten, so war pro Hütte jemand für den Haushalt (meist die Ehefrau) mit Kochen und Waschen und dem Versorgen der Kinder nötig, der Hüter des Viehs und zuständig zum Teil für das Melken, ebenso der Senn für das Melken, Verarbeitung und Aufbewahrung der Milch. Die Kinder waren auch da, um entweder Botengänge in das Tal zu machen oder beim Hüten der Kühe zu helfen. Am Ende gab es auch einen Knecht dessen Hauptaufgaben das Steineräumen, Schwenden (Abschneiden junger Büsche und Bäume) und Zäunen sowie sich um die Wasserversorgung und das Aufarbeiten des Holzes für die Sennerei und Hütte kümmern musste. Im Tal war der andere Teil der Familie, die sich ja um den Bauernhof und auch um die Heuernte für die Wintermonate kümmern musste.
Jagd
Natürlich gibt und gab es zur Landwirtschaft auch wilde Tiere im Kleinwalsertal. Der letzte Luchs wurde 1831 am Fiderepass erlegt. Damals bekam der Jäger Josef Anton Huber noch eine Schußgeldprämie von 30 Gulden dafür.
Im Jahre 1717 machte das Gericht in Mittelberg bekannt, dass es für eine Wölfin 12 Gulden und für einen jungen oder alten männlichen Wolf 1ß Gulden Schußgeld dem Erlege bezahle
Der letzte Wolf wurde daher im Jahr 1811 erlegt.
Der letzte Steinbock wurde bereits vor 1680 geschossen. (wieder Ansiedelung 1964, aktuell ca. 100 Steinböcke im Bereich Kleinwalsertal/ Allgäuer Berge)
Selbst Hirsche waren kurzfristig für etwa 70 Jahren komplett im Kleinwalsertal ausgerottet worden. Von ca. 1798 bis 1869 gab es keine Hirsche im Tal. Erst im Jahr 1869 wurde wieder ein Hirsch und zwar am Brunnenberg (der Berg links am Eingang des Gemsteltales) geschossen. Ein zweiter im Jahr 1870 im Wildental. Beide kamen wohl aus dem benachbarten Rohrmooser Tal wo Graf von Rechberg 1858 wieder Hirsche in dem großen adeligen Jagdrevier eingesetzt hatte.
1890 beträgt der jährliche Abschuss von Gemsen im Kleinwalsertal 15 Stück und dazu ca. 3-4 Hirsche. Rehböcke pro Jahr sieben bis acht. Auerhähne durften sieben Stück geschossen werden. Füchse werden auch genannt. Und zwar dass etwa zwölf Stück jährlich 1890 geschossen werden. Steinadler wurde 1890 nur alle paar Monate im Kleinwalsertal gesehen. (Daten aus dem Buch "Der Mittelberg".
Insgesamt muss man leider sagen, dass die Jägerschaft damals alles was schön und groß war einfach schnell abgeschossen hatten. Die Jäger waren bei der Bevölkerung auch Helden. Keiner wusste wahrscheinlich, dass Luchs, Steinadler und Steinbock plötzlich gar nicht mehr im Gebiet aber irgendwann vorhanden waren. Naturschutz gab es nicht. Natürlich musste das Vieh der Bauern auch geschützt werden und das Vieh war damals in dreifacher Anzahl in den Bergen wie heute aufzufinden.
Ein paar Zeilen aus einem Jägerbuch dazu: Hans Durner, von 1640-1670 Klosterjäger in St. Bartholomä am Königssee erlegte 127 Gänsegeier und eine noch größere Anzahl von Steinadlern. Sein Nachfolger Urban Fürstmüller brachte neben 25 Bären, in Gemeinschaft mit seinen Söhnen 74 Geier zu Strecke.
Leo Dorn war der bekannteste Adlerjäger des Allgäus (Oberstdorf / Hindelang) vor 150 Jahren. Extra zum Abschuss des 50. Steinadlers wurde ein Jubiläum gefeiert.
Zitat aus Heinrich Jäger - Strukturwandel des Kleinen Walsertals 1952:
Im Zusammenhang mit der Entwicklung des Tourismus im Kleinwalsertal muss man auch ab 1950 die Tendenz gesehen haben, Alpflächen zu Jagdgebieten eingehen zu lassen. Dieser Trend kann in verschiedenen Teilen der Alpen festgestellt werden. Im Kleinwalsertal zeigt sich dies besonders in dem Nord West Teil, im Gebiet der früheren Brand-, Gatter- und Außerwaldalpe, die alle an das große Jagdrevier des Fürsten Wolfegg Waldburg grenzen., bzw. ihm bereits gehören. Hier hat die Jagd schon über die Alpwirtschaft gesiegt, denn alle diese Alpen, zu denen auch noch die Grafen Küren und Schneider Küren Alpe und Seealpe gehören, werden nicht mehr bestoßen, sondern nur noch als Heimweide bzw. als Mähwiese zur Wildheugewinnung genutzt oder sind sogar aufgeforstet.